Geburtsvorbereitung bedeutet vor allem, die Veränderungen in der Schwangerschaft zu begleiten und sich auf das grosse Ereignis körperlich, geistig und seelisch einzustellen. Yoga eignet sich dafür wunderbar. Brahmadev Marcel Andres-Hoepgen führt werdende Mütter einfühlsam und motivierend an diese jahrhundertealte Technik heran.
Mit Beginn der Schwangerschaft bereitet sich der Körper auf die Veränderungen der Schwangerschaft und den grossen Augenblick der Geburt vor. Eine Geburt ist zwar eine Höchstleistung, doch Schwangere sind optimal darauf ausgerichtet: Ihr Körper passt sich neun Monate lang an und kennt den Geburtsablauf sozusagen «automatisch«. Allerdings ist beim Menschen immer auch der Kopf beteiligt, also der Intellekt. So sehr dieser sonst im Alltag gefordert ist – bei der Geburt ist er eher hinderlich. Hier ist Loslassen, ein gewisses Urvertrauen und Körperarbeit gefragt! Kein aufgesetztes Fitnesstraining, sondern das Gespür für die körperlichen Vorgänge und Bedürfnisse sind jetzt wichtig. «Wer sich entschliesst, während der Schwangerschaft Yoga zu üben, denkt üblicherweise «nur» an ein Übungssystem, mit dem man den Körper trainiert und entspannt und gleichzeitig lernt, etwas «herunterzukommen», sagt Brahmadev Marcel Anders-Hoeppgen. «Das sind sicherlich gute Gründe, mit Yoga anzufangen, denn Yoga ist ohne Zweifel das beste System dazu, da es all diese Punkte auf einmal trainiert. Doch Yoga kann noch viel mehr als das! Es hilft beispielsweise, sich auch intellektuell auf das Wunder der Geburt und auf die Veränderungen vorzubereiten, die während der Schwangerschaft passieren.»
Das Wort Yoga kommt aus der indischen Tradition und beschreibt einen Geisteszustand, in dem man vollkommen zufrieden, anhaltend glücklich und sich seines innersten Selbst, dem Göttlichen, bewusst ist. Andere Traditionen nennen diesen Zustand Erleuchtung, Nirvana, Christusbewusstsein etc. In allen Teilen der Welt gibt und gab es immer wieder Menschen, die diesen Zustand erreicht haben. Die Yogis oder Heiligen haben zwar unterschiedliche Wege beschritten, um dort anzukommen, beschrieben jedoch das Erlebnis identisch. Wenn man diesen Zustand mit modernen Worten ausdrücken wollte, könnte man es vielleicht so sagen: «Es ist ein unbeschreibliches Gefühl der Stille, der Fülle und der Glückseligkeit. Es bleiben keine Fragen offen! Es lohnt sich wirklich, dorthin zu streben.» Brahmadev Marcel Anders-Hoeppen drückt es so aus: «Es geht um ein Erlebnis, das jenseits des Fassungsvermögens unseres Geistes liegt. Aber es bietet Menschen, die ein glücklicheres, zufriedeneres und ausgeglicheneres Leben führen wollen einen Anreiz, den Anleitungen dieser Yogis zu folgen.» Deshalb wird in der indischen Tradition nicht nur dieser erhobene Geisteszustand als Yoga bezeichnet, sondern auch jeder Weg, der zum Erleben dieses Zustandes führt. Brahmadevs Meister Shri Yogi Hari hat es so beschrieben: «Gesundheit, innerer Frieden und Zufriedenheit liegen in uns – wir müssen sie nur entdecken.»
Die unterschiedlichen Yogawege sind in sich abgeschlossene Systeme, die den Übenden schrittweise zum Erleben dieses höchsten Geisteszustandes führen können. Das Wissen der einzelnen Wege wurde über Generationen hinweg immer von einem Meister an seine Schüler weitergegeben, bis der Schüler selbst die Meisterschaft erreicht hat und dann seinerseits zum Lehrer wurde. Wie bereits erwähnt, gibt es sehr viele verschiedene Yogawege – einer davon ist Sampoorna Yoga. Sampoorna Yoga ist die Lehre von Yogi Haris unermüdlichem Streben nach Perfektion, sowohl in seiner Praxis als auch in seinen Lehren. Es ist das Yoga der Fülle; es integriert auf intelligente Weise Hatha, Raja, Karma, Bhakti, Jnana und Nada Yoga, um alle Aspekte der menschlichen Persönlichkeit zu verfeinern und harmonisch zu entwickeln. Sein Ansatz ist tiefgehend, einfach und praktisch und kann Menschen helfen, Gesundheit, inneren Frieden und Zufriedenheit zu erlangen. Sampoorna Yoga bietet das optimale System, da es Übungen und Hilfsmittel auf allen Ebenen der Persönlichkeit bieten kann.
Wie bereits erwähnt, bringt die Schwangerschaft sehr viele Veränderungen mit sich. Nun liegt es an jeder werdenden Mutter selbst, ob sie diese Veränderungen als Belastung bzw. Herausforderung empfindet oder als Chance, an sich zu arbeiten. Aus Sicht des Yoga ist der einzige Sinn des Lebens, sich permanent weiter zu entwickeln, seinen Geist zu verfeinern und mehr zur Ruhe zu kommen. «Die Schwangerschaft bietet dazu die besten Voraussetzungen, da die Frau nun nicht mehr nur für sich selbst verantwortlich ist, sondern auch für das Kind, das in ihr heranwächst», sagt Brahmadev. «All die Dinge, die sie nun tut oder tun sollte, damit ihr Kind die optimalen Voraussetzungen zum Wachsen hat, tut nicht nur dem Kind gut, sondern auch ihr. So wird sie beispielsweise ihrer Ernährung mehr Beachtung schenken und keinen Alkohol mehr trinken, weniger Zucker und Koffein zu sich nehmen.» Viele Frauen sehen das als Entbehrung, die sie für ihr Kind auf sich nehmen. Wenn sie in dieser Zeit beobachten, welch guten Einfluss das auf ihre eigene Gesundheit hat, kann dies ein guter Anstoss sein, sich generell wieder besser zu ernähren. Genau so verhält es sich auch mit der Yoga Praxis. Viele Frauen beginnen während der Schwangerschaft mit dieser Praxis, weil sie etwas zur Kräftigung und Entspannung während der Schwangerschaft tun wollen. Der positive Effekt dieser Übungen ist jedoch so überzeugend, dass sie sie auch nach der Schwangerschaft weiter praktizieren.
Wenn der Bauch grösser und grösser wird, machen werdende Mütter oft den Fehler, dass sie sich immer weniger körperlich aktiv bewegen. Das ist auf der einen Seite natürlich verständlich, da die Bewegungen umständlicher werden und die eigene Energie abnimmt. Auf der anderen Seite macht dies jedoch überhaupt keinen Sinn: «Schwangere können und müssen sich bewegen», sagt Brahmadev, «denn so wie ein Baum einen Ast absterben lässt, der nicht genug Sonne bekommt, so entzieht unser Körper jedem Muskel, den wir nicht regelmässig nutzen, die Energie.» Dies hat zur Folge, dass die Muskelmasse abnimmt und der Muskel weniger leistungsfähig wird. «Schwangere sollten also regelmässig trainieren, denn dann wird nicht nur die Geburt einfacher, sondern auch die ganze Zeit der Schwangerschaft leichter, und die Regeneration des Körpers nach der Geburt wird schneller gehen.»
Bramadev Marcel Anders-Hoepgen ist Vater von drei Kindern und Buchautor. Er praktiziert Yoga und Meditationstechniken schon seit früher Kindheit. Nach dem Studium der Musik konzertierte er viele Jahre als klassischer Gitarrist. Yoga und Meditation halfen ihm sehr mit dem Umgang mit Stress und Lampenfieber. Sein Verlangen, diese Lehre in ihrer Tiefe zu ergründen wurde so gross, dass er seinen Beruf als Musiker aufgab und der Einladung seines Gurus Shri Yogi Hari folgt, bei ihm zu leben und zu lernen. Seitdem widmet er sein ganzes Leben dem Yoga. 2004 verlieh ihm Shri Yogi Hari den Titel «Sampoorna Yoga Meister».
Lalita Lisa Anders-Hoepgen ist ausgebildete Doula und Sampoorna Yoga Lehrerin. Zwei ihrer Kinder hat sie per Hausgeburt zur Welt gebracht und das dritte Kind lässt sich auf den Fotos im Buch und auf den Videos zu «Hebammen Yoga» bereits gut erahnen.
