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Konflikte zwischen Schulen und Eltern

Im schulischen Alltag treffen sich drei Welten. Diejenige der Kinder, der Eltern und die des Schulbetriebs. Alle haben das gleiche Ziel: Das Wohl der Schülerinnen und Schüler. Unterschiedliche Vorstellungen und Vorbelastungen und der Geist der Zeit rütteln oft an der gewünschten Harmonie.

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Als die Mutter den Anruf der Lehrerin erhielt, ist sie zuerst erschrocken. Warum? Weil sie aus der Schule nur Anrufe erhalte, wenn was schlecht läuft. Dabei wollte die Lehrerin die Mutter über die guten Lernfortschritte ihres Sohnes unterrichten. Eine Erfahrung der ehemaligen Reallehrerin, Schulleiterin und Elternberaterin, Brigitte Baumgartner in Rehetobel (Appenzell Ausserrhoden). Warum ist der Name der Lehrerin oder des Lehrers auf dem Handy-Display zu einem Synonym für «Alarm» geworden? Dabei betont das Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt: «Eltern und Schule sind Partner! Gemeinsam tragen sie die Verantwortung für Kinder und Jugendliche.» Es liest sich logisch und vernünftig, aber eben, wie sieht die Realität aus?

Konflikte zwischen Eltern und Lehrpersonen sind in den Medien und an Schulen vielerorts Dauerthemen. Der Begriff «Konflikt» sei im 18. Jahrhundert aus dem Lateinischen ins Deutsche entlehnt worden und heisst nichts anderes als «Zusammenstoss». Dabei möchten beide Seiten, die Eltern und die Lehrperson, das gleiche Ziel erreichen: Ein gesundes, fröhliches Erwachsenwerden der Kinder mit rosiger Aussicht auf die Welt draussen, beruflich wie privat.

Als Mittel dazu dient bekanntlich die Kommunikation, ebenso aus dem Lateinischen übernommen, das «gemeinschaftlich Tun». Klingt gut, im Prinzip, wenn es da nicht noch andere nonverbale Ausdrucksformen gäbe, die oft Elternabende zum Brodeln bringen. Welche Faktoren können zu Konflikten, ja zu Streit führen?

Unterschiedliche Welten

Zwei unterschiedliche Perspektiven, gepaart mit dem Unwissen über die Situation und Umstände des Gegenübers. Der oben erwähnten Brigitte Baumgartner ist es ein Anliegen, «dass wir in der Zusammenarbeit nicht immer die Konfliktsituationen betonen und hervorheben, sondern die Bereicherung, wenn sich beide Seiten bemühen, einen guten Kontakt zu pflegen, einander zu unterstützen in gegenseitiger Wertschätzung.»

Das gelingt am besten auf der Basis von Gelassenheit, Vertrauen und ehrlicher Selbsteinschätzung. Ein pensionierter Musiklehrer im Kanton Aargau erinnert sich an einen Musikschüler, der ohne jegliches Talent und mit noch weniger Lust die Klaviertasten schon fast belästigte. Sein Vater, ein bekannter und erfolgreicher Zahnmediziner, gab ihm den Auftrag, aus seinem Buben einen hochbegabten und talentierten Pianisten zu machen.

Die Sicht der Lehrperson könnte in etwa so zusammengefasst werden:

  • Guten Job machen mit zufriedenen und erfolgreichen Schülerinnen und Schülern
  • Angenehmes Arbeitsklima
  • Gutes Einvernehmen mit Eltern und Arbeitgebern
  • Gesunde Distanz zwischen Beruf und eigenem Privatleben
  • Die Freude am Beruf behalten ohne Energieverschleiss
  • Die Sicht der Eltern vielleicht so:
  • Erfolg beim Lernen mit guten Noten
  • Gute Aussichten auf Beruf und Karriere
  • Gut im sozialen Leben eingebettet
  • Glückliches Kind

Verursachen jedoch Krisen, Lebensbrüche und externe Probleme die Sicherheit im Leben beider Parteien, kann sich dies auf Sichtweisen und Ziele auswirken und zur Gefahr einer Kompensation der daraus entstandenen Defizite werden: «Das Kind soll Karriere machen, wenn es schon bei mir nicht klappt.» oder «Hier habe ich das Sagen.» oder «Hier hört man auf mich.»

Ein weiterer Faktor, der belastend sein kann, sind die Erinnerungen und eigenen Schulerfahrungen. Denkt man zurück in die Zeit als Schülerin oder Schüler, tauchen unweigerlich Bilder und Gefühle auf, positive wie negative. Diese Erfahrungen müssen überdacht werden, weil sich zwischenzeitlich viel verändert hat. Die sozialen und pädagogischen Ansprüche, die Umgangsformen und zudem die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern sind zum Teil nicht mehr mit damals vergleichbar.

Verschieben sich die Ziele durch persönliche und private Belastungen im Hintergrund, können Konflikte entstehen. Ob Lehrperson oder Elternteil, beide stehen in der Verantwortung, im Interesse der Kinder zu reflektieren und ihre inneren persönlichen Baustellen so gut wie möglich im Gespräch auszublenden oder nicht mitbestimmen zu lassen.

Austausch als Schmiermittel

Betriebstechnische Umstellungen, neue Lehrpläne, Personalveränderungen, gesellschaftliche Trends und Befindlichkeiten der Schülerinnen und Schüler machen einen regelmässigen Austausch zwischen Eltern und Lehrpersonen nötig. Und wie am besten?

Auf eine Anfrage von Radio SRF1 gab der Aargauische Lehrerinnen- und Lehrerverband (ALV) folgende vier Tipps:

  • Lernen Sie gleich Anfang Schuljahr die Lehrpersonen kennen, damit man sich nicht erst trifft, wenn Schwierigkeiten auftreten.
  • Verwenden Sie die E-Mail an die Lehrkraft nur, um Termine zu vereinbaren. E-Mails eignen sich nicht, um Problem zu behandeln.
  • Keine Telefonate zu Unzeiten, zum Beispiel spätabends, denn auch Lehrpersonen müssen sich von der Arbeit erholen.
  • Das Kind darf nicht als Bote für schriftliche Kritik oder Botschaften zwischen Eltern und Lehrperson missbraucht werden.

Die ehemalige Reallehrerin, Brigitte Baumgartner, erinnert sich, wie viel sie unternehmen musste, um die Eltern für die «Mitarbeit zur optimalen Förderung der Jugendlichen gewinnen zu können» und betont, wie wichtig es sei, dass sich alle, auch Schulleitungen und Schulräte, im Sinne einer «ressourcen- und handlungsorientieren» Kommunikation einzubringen haben. Kennen sich die Eltern und die Lehrpersonen früh genug, wird der Erwartungsdruck entsprechend realistisch bleiben. Ansonsten könnte das eintreffen, was der langjährige Schulleiter Karl-Wilhelm Röhm damals in Münsingen (Deutschland) beobachtete: «Ich kannte exzellente Fachlehrer, die vor einem Elternabend fast durchdrehten.»

Wenn Prüfungen zur Prüfung werden

Gerade in der Zeit vor wichtigen Prüfungen steigt die Nervosität nicht nur bei den Schülerinnen und Schülern. Die Neue Zürcher Zeitung widmete dem Thema eine ganze Seite mit dem Titel «Nervosität macht leistungsunfähig». Was können Eltern als Entlastung der Prüfungsängste tun? Matthias Obrist ist Leiter des Schulpsychologischen Dienstes der Stadt Zürich und meint: «Eltern sollten das erwachsene Vorbild für Ruhe, Selbstvertrauen und Gelassenheit sein.» Zudem erklärt er der NZZ: «Das Schlimmste ist, wenn Eltern so nervös sind, dass sie ihre Kinder damit anstecken.»

Kontakt halten mit Lehrpersonen zahlt sich immer aus, nicht nur vor Prüfungen oder wenn Noten vorliegen, mit denen man überhaupt nicht einverstanden ist. Jede Chance, mit der Lehrerin oder dem Lehrer zu sprechen, sollte genutzt werden, um aus erster Quelle zu erfahren, wie die Stimmungslage im Schulbetrieb rund um das eigene Kind ist. Heidemarie Brosche war Mittelschullehrerin, ist Autorin von Kinder-, Jugend- und Sachbüchern und Mutter von drei Kindern. Sie rät den Eltern: «Wenn Ihr Kind zusehends die Lust an der Schule verliert, sollten Sie nicht zögern zu handeln.» Das beginne mit der Kontaktaufnahme mit den Schulverantwortlichen, nach möglichen Gründen fragend, ohne Vorwürfe. Liegen gravierende Probleme vor, dann gelte es, nicht aufzugeben und Vertrauenspersonen miteinzubinden, das können andere Lehrpersonen sein, Einrichtung von Elternvertretungen und Schulpsychologen.

Expertinnen und Experten raten bei Konflikten immer wieder, diese mit Respekt, Transparenz, Konsensbereitschaft und Lösungsorientiert anzugehen. Oder wie die eingangs erwähnte Lehrerin es sinngemäss zusammenfasste: Ein guter Kontakt und gegenseitige Wertschätzung bereichern den Alltag sowie das Wohl unserer Kinder. Die übrigens noch sehr viel im Leben vor sich haben.

Mehr erfahren Sie unter: www.schule-elternhaus.ch