Verschiedenste Situationen machen es nötig, dass ein Kind nicht bei seinen leiblichen Eltern wohnen bleiben kann. Pflegefamilien sind deshalb gefragt – aber nicht überall genügend vorhanden. Umso wichtiger, dass sie begleitet und vor allem unterstützt werden.
Der Mangel an Pflegefamilien
Immer dann, wenn das Wohl eines Kindes in seinem Zuhause nicht mehr anders sichergestellt ist, ist das ein Grund dafür, dass es nicht mehr bei seinen leiblichen Eltern wohnen bleiben kann. Das können beispielsweise eine längere Erkrankung seitens der Eltern sein, schwierige Lebensumstände oder aber auch die Abwesenheit eines Elternteils. Die Pflegekinderhilfe ist kantonal und teilweise kommunal organisiert. Es sind laut Karin Meierhofer, Geschäftsleiterin von PACH Pflege- und Adoptivkinder Schweiz, nicht nur Notfälle, in welchen ein Kind nicht oder nur noch teilweise bei seinen leiblichen Eltern aufwachsen kann. Das heisst, es ist nicht immer nur die KESB, welche ein Pflegeverhältnis anordnet, sondern es gibt auch gütlich vereinbarte Pflegeverhältnisse. Dies ist laut Karin Meierhofer ideal: «Weil so die leiblichen Eltern einverstanden sind, dass ihr Kind teilweise oder mehrheitlich bei Pflegeeltern aufwachsen wird.» Umso mehr ist man deshalb auf geeignete Pflegefamilien angewiesen. Doch: «Es gibt leider nicht überall genügend Pflegeeltern», sagt Karin Meierhofer. Es sei deshalb wichtig, dass die Aus- und Weiterbildung, die Begleitung durch Fachpersonen wie auch die Entschädigung der Pflegeeltern angemessen und unterstützend sei.
Wenige Adoptivkinder
Ganz anders präsentiert sich die Lage bei den Adoptivkindern und -eltern. «Zurzeit gibt es mehr Interessierte, die gerne ein unbekanntes, in der deutschen Schweiz geborenes Kind adoptieren möchten, als es überhaupt zur Adoption freigegebene Kinder gibt», fasst es Karin Meierhofer zusammen. In der deutschen Schweiz gäbe es jährlich rund zehn Kinder, die Adoptiveltern suchen. PACH hätte im Vermittlungspool derzeit rund 70 Einzelpersonen oder Paare, die sich für eine Adoption eignen würden. Auslandsadoptionen werden nicht über PACH vermittelt.
Persönlichkeit muss stimmen
Die Formen von Pflegeverhältnissen sind unterschiedlich. An Informationsabenden erhalten Interessierte die Gelegenheit, sich unverbindlich ein genaueres Bild darüberzumachen, was auf sie zukommen könnte. Als nächsten Schritt empfiehlt PACH, den dreitägigen Vorbereitungskurs zu absolvieren. Angehende Pflegeeltern setzen sich dort mit Erwartungen auseinander und lernen Wichtiges über Pflegekinder und alle am Pflegeverhältnis Beteiligten. Um Minderjährige ausserhalb des Elternhauses aufnehmen zu dürfen, benötigen Interessierte eine Bewilligung der zuständigen Behörden des jeweiligen Kantons. «Laut Pflegekinderverordnung wird die Bewilligung nur erteilt, wenn die Pflegeeltern aufgrund ihrer Persönlichkeit, Gesundheit und erzieherischer Eignung sowie ihren Wohnverhältnissen für gute Pflege, Erziehung und Ausbildung des Kindes Gewähr bieten können und das Wohl anderer in der Pflegefamilie lebender Kinder nicht gefährdet ist», sagt Karin Meierhofer weiter.
Viele Entscheide nötig
Damit ein Pflegekind zur Familie passt, braucht es vor allem eines: viel Fingerspitzengefühl. Zudem sollten ältere Kinder unbedingt in die Entscheidung mit einbezogen werden. PACH vermittelt selber keine Pflegeeltern, sondern konzentriert sich auf die Beratung, Bildung und Unterstützung. Die Fragen, die jeweils im Raum stehen würden, seien ganz unterschiedlich, wie Karin Meierhofer erklärt. «Das können psychische Krankheiten der Eltern sein, eine allfällige Rückplatzierung von Pflegekindern zu den leiblichen Eltern, die Rechte von Pflegekindern oder diejenigen der Pflegeeltern.» Es sei wichtig, dass sich Pflegeeltern im Vorfeld darüber im Klaren sind, dass sie zu einem gewissen Grad zu einer öffentlichen Familie werden. Viele Entscheide, die bei leiblichen Kindern in der eigenen Verantwortung liegen, müssen mit Behörden oder den Herkunftseltern abgesprochen werden. «Das muss gut überlegt sein, wenn eine Familie ein Pflegekind bei sich aufnehmen möchte.» Es gibt auch viele verwandtschaftliche Pflegeeltern, die zum Beispiel in Notsituationen für ein Kind sorgen – diese Pflegeeltern «rutschen» dann eher in ein Pflegeverhältnis hinein, als dass sie sich bewusst dafür entscheiden. Im Vordergrund steht dabei immer das Wohl des Kindes. «Vielen Pflegekindern geht es grundsätzlich gut bei ihren Pflegeeltern», fasst es Karin Meierhofer zusammen. Wichtig sei, dass sich Pflegekinder aktiv an für sie persönlich wichtigen Entscheidungen beteiligen können. «Viele ehemalige Pflegekinder sagen insbesondere, dass sie nie sicher waren, ob sie jetzt bei den Pflegeeltern bleiben können oder ob sie bald oder irgendwann wieder zu den Herkunftseltern zurückkehren werden. Diese Unsicherheit ist für sie sehr schwierig auszuhalten und die Zukunftsplanung ist ein wichtiges Thema.»
Der Weg zum Adoptivkind in der Schweiz
PACH ist die einzige akkreditierte Vermittlungsstelle für in der deutschen Schweiz geborene Kinder, die zur Adoption freigegeben werden. Wenn künftige Adoptiveltern nach der Sozialabklärung eine Eignungsbescheinigung der Zentralbehörde Adoption im Wohnkanton erhalten, kommen sie in den Vermittlungspool von PACH. Um für ein Kind die passenden Adoptiveltern zu finden, legt PACH der Vormundsperson jeweils vier geeignete Dossiers zur Auswahl vor. Sobald die Zentralbehörde Adoption ihr Einverständnis zu einem Paar oder einer Einzelperson gibt, wird ein Plan erstellt, wie das Kind von der Übergangspflegefamilie zu den Adoptiveltern kommt. Das Kind braucht Zeit, sich von den Übergangspflegeeltern zu lösen und sich den Adoptiveltern anzunähern. Nach dem sogenannten Adoptionspflegejahr kann die Adoption dann endgültig vollzogen werden.
Karin Meierhofer, Geschäftsleiterin von PACH Pflege- und Adoptivkinder Schweiz