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Wie passen wir uns dem Klima an?

Das Naturama in Aarau zeigt in seiner neuen Sonderausstellung aktuelle Projekte zur Klimaanpassung im Kanton Aargau. Schulklassen erarbeiteten dafür Ideen, die zum Teil von ihren Gemeinden umgesetzt wurden.

Bild: © dee karen/shutterstock.com

Wie passen wir uns dem Klima an? Wie gross ist unser Handlungsspielraum? Diesen und ähnlichen Fragen nahmen sich Aargauer Schulklassen an und widmeten sich den klimatischen Herausforderungen ihrer Gemeinden. Das Projekt «Schule fürs Klima» startete im Jahr 2020. Es ist eines von zahlreichen Projekten aus der Anschubfinanzierung des Entwicklungsschwerpunkts Klima im Kanton Aargau, mit welchem das Naturama betraut wurde. Das Museum zeigt in seiner neuen Sonderausstellung «Cool Down Aargau – so passen wir uns ans Klima an» Möglichkeiten, wie man mit der Klimaveränderung umgehen und selbst Verantwortung übernehmen kann. «Insbesondere will das Naturama die Besuchenden dazu animieren, in ihren Einflussbereichen selber aktiv zu werden und zur Verbesserung der Lebensbedingungen beizutragen», fasst Dr. Jasmin Winkler, Bereichsleiterin Museum im Naturama Aarau, ihren Anspruch an «Cool Down Aargau» zusammen.

Schüler überzeugen Gemeinderat

Die 4.- bis 6.-Klässler aus Kallern (AG) erarbeiteten gleich zwei Projekte, welche von der Gemeinde umgesetzt wurden. Dafür mussten sie in einem ersten Schritt verstehen, was der Klimawandel für ihren Wohnort überhaupt bedeutet. «Wir haben viel über den Klimawandel gelernt», sagten sie an der Vernissage im Naturama vergangene Woche. «Es machte Spass, Ideen zu sammeln und etwas für die Natur zu tun.» Um ihr Dorf zu kühlen, haben die Kinder den Entscheidungsträgern ihrer Gemeinde unter anderem vorgeschlagen, Plätze zu entsiegeln, eine Kneipp-Anlage zu erstellen oder Sitzgelegenheiten mit schattenspendenden Bäumen zu planen. Mit Erfolg: Erste Schattenbäume vor ihrem Schulhaus sind bereits gepflanzt. Projektleiterin Lisette Senn vom Naturama begleitete die Klassen. «Ich war fasziniert von der Kooperation zwischen Schule und Gemeindepolitik.»

Dass Starkregen wertvollen Humus von Ackerböden wegschwemmt, inspirierte die Schülerinnen und Schüler weiter zu einem Modell für eine innovative Regenwasserrückhaltung. Ihre Ideen für einen effizienten Umgang mit Regenwasser in Zeiten von Trockenheit und Extremniederschlag verstehen Fachleute als Prinzip Schwammstadt. Dies ist ein Konzept der Stadtplanung, um möglichst viel des anfallenden Regen- und Oberflächenwassers vor Ort aufzunehmen und zu speichern.

Für eine lebenswerte Zukunft selbst aktiv werden

Das Modell der kühnen Idee der Kallener Schülerinnen und Schüler ist im Naturama Aargau im Raum «Wie cool ist deine Gemeinde?» zu sehen. Dort sind auch Ideen und Projekte weiterer Aargauer Schulklassen zu finden. So präsentieren etwa Schulklassen aus Egliswil (AG) und Zeihen (AG) Begrünungskonzepte, um ihre Schulhäuser zu begrünen. In Egliswil soll eine Pergola mit Begrünung Schulhaus und Pausenplatz kühlen. Die Kinder in Zeihen regten die Verantwortlichen dazu an, Regenwasser des Schulareals zu nutzen und nicht in die Kanalisation zu leiten. Die zweite Bezirksschule von Baden nahm sich dem Thema Trockenheit an. Den Ausschlag dazu gaben Bilder des ausgetrockneten Stadtbachs. Ihr Vorschlag: den Badener Bach Sissle unterirdisch zu speisen.

Die Ausstellung zeigt anschaulich den Prozess der Schulklassen von der Problemanalyse über die Ideenfindung und Entwicklung von innovativen Lösungsvorschlägen bis hin zu konkreten Handlungen in den Gemeinden. Das Museumspublikum ist eingeladen, selbst Vorschläge für den eigenen Wohnort zu erarbeiten. Diese können der Klimaberatungsstelle des Naturama gemailt werden, sodass bis zum Ausstellungsende verschiedenste wertvolle Ideen zum Umgang mit der Klimaerwärmung zusammenkommen.

Anpassungsideen für Stadt und Land

Die Kinder haben in ihren Projekten teils intuitiv aufgezeigt, welche Massnahmen die wichtigsten sind, um mit den Auswirkungen des Klimawandels wie Hitze, Trockenheit oder Starkregen umzugehen: das Pflanzen von Bäumen, das Entsiegeln und Begrünen von asphaltierten Flächen, das natürliche Versickern von Regenwasser im Boden und die Wasserspeicherung. Diesen Themen nahmen sich die Verantwortlichen auch in den anderen Ausstellungsräumen an. «Cool Down Aargau» zeigt konkrete Beispiele von Klimaanpassung in Siedlungen und Landwirtschaft im Kanton. Mit der aktuellen und wichtigen Thematik der Klimaveränderung wollen die Ausstellungsmacher alle Zielgruppen ansprechen. So auch die Landwirtschaft, welche ein neues Wasser- und Bodenmanagement umsetzen muss. Wie knapp Wasser im Sommer werden kann, erfahren etwa die Bauern im Bünztal immer wieder. Regelmässig muss der Kanton die Wasserentnahme aus dem gleichnamigen Fluss sistieren. «Die Erfahrungen aus dem daraus entstandenen dreijährigen Pilotprojekt haben Signalwirkung auf den ganzen Kanton», sagt Norbert Kräuchi. Der Leiter der Abteilung Landschaft und Gewässer erläutert in der Sonderausstellung in einem Videobeitrag die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Wasserstrategie für den Aargau.

Spielplatz mitgestalten

Weiter laden im Naturama in einer fiktiven Agglomeration mit Quartieren, Parks und Häuserfassaden fünf Interaktionsinseln dazu ein, die Schwerpunkte Begrünung, Hitze, Kaltluft, Niederschlag und Schatten spielerisch zu erkunden. Aus den Fenstern der Häuser schauen verschiedene Personen, die in Kurzvideos darüber berichten, wie sie mit der Klimaerwärmung umgehen. Die Ausstellungsbesucher haben zusätzlich die Möglichkeit, zu ertasten – und damit zu begreifen –, welche Materialien sich eher kühl oder heiss anfühlen. Mittels Thermometer finden sie heraus, welche Oberflächen sich an einem sonnigen Sommertag besonders erwärmen.

«Es war eine Herausforderung, das Thema für kleine Kinder herunterzubrechen», sagt Nathalie Marti, Projektleiterin Bildung und Vermittlung. Da für diese jedoch kühle Spielplätze wichtig sind, können sie nun im «Naturlabor» einen naturnahen Spielplatz mitgestalten. Im «Mitmach-Museum» erschaffen Familien ihre eigenen Visionen einer lebenswerten Stadt der Zukunft – wohl mit viel Wasser und Pflanzen, ganz im Sinne einer blau-grünen Biodiversität.

Im Zusammenhang mit der Sonderausstellung bietet das Naturama diverse Veranstaltungen an. Auf dem Programm stehen Familienaktivitäten, Führungen, Gemeindeseminare, Kindernachmittage, Podien und Vorträge sowie Weiterbildungen für Lehrpersonen. Geführte Besichtigungen für Gruppen und Schulklassen ermöglichen eine vertiefte Auseinandersetzung mit der komplexen Materie. Die Verantwortlichen freuen sich, wenn weitere Schüler coole Klima-Ideen für ihre Gemeinden entwickeln und so dabei helfen, die Umgebung zu kühlen.

Rund um Klimaanpassung und Hitzeminderung

Die Sonderausstellung «Cool down Aargau – So passen wir uns ans Klima an» ist bis 6. September 2026 im Naturama Aargau zu sehen. www.naturama.ch/cool