Einen Dreigänger in 15 Minuten auf den Tisch zaubern – das geht nur mit Convenience Food. Wer nur ab und zu dazu greift, braucht sich deswegen nicht schlecht zu fühlen.
Convenience Food – Ganz schön bequem
Wichtig ist das richtige Mass und eine insgesamt abwechslungsreiche Kost.
Wenn Sie für die Rösti die Kartoffeln selber schälen und wenn Sie jeden Teig von der Pike auf selber machen, dann brauchen Sie nicht weiterzulesen. Dann ist nämlich Convenience Food entweder ein Fremd- oder ein Unwort für Sie. Sie gehören damit allerdings zu einer Minderheit. Denn kaum ein anderer Ernährungssektor boomt so stark wie dieser Bereich. Das englische Wort «convenient» bedeutet praktisch, bequem. In Zusammenhang mit Essen versteht man unter diesem Begriff vorverarbeitete Lebensmittel – also vorgekocht, vorgerüstet, vorgewürzt, die ohne grossen Aufwand bereit zum Verzehr sind. Konkret kann es sich dabei beispielsweise um Fertiggerichte handeln, die man nur aufzuwärmen braucht, aber auch um belegte Sandwiches, Beutelsuppen, Frischpasta, bereits gerüstete und gewaschene Salate oder geschnittene Früchte. Man findet sie bei den Grossverteilern unter verschiedenen Marken.
Tempo, Tempo!
Die Gründe für den Erfolg von Convenience Food sind verschieden. Grosser Beliebtheit erfreut es sich bei Single-Haushalten. Viele alleinstehende Menschen haben keine Lust, nur für sich aufwendig zu kochen. Aber auch Familien setzen in zunehmendem Mass auf die schnellen Küchenhelfer. Immer mehr Mütter sind auch ausser Haus berufstätig. Und immer weniger von ihnen haben die Zeit und Energie, stundenlang für einen Zmittag am Herd zu stehen, der von den Kindern in 15 Minuten «weggeputzt» wird. Gemäss der Zeitschrift «Beobachter» wird heute in einem durchschnittlichen Schweizer Haushalt maximal eine Stunde auf die gesamte Zubereitung der täglichen Mahlzeiten aufgewendet. Vor einem Jahrhundert waren es noch sieben Stunden pro Tag! Kochen war sozusagen ein Fulltimejob. Kein Wunder waren die Frauen, wenigstens jene, die sich keine Haushaltshilfe leisten konnten, wortwörtlich an den Herd gebunden.
Der Erfolg von Convenience Food gründet aber auch in der Werbung, die uns weismachen will, dass wir dank diesen Produkten freie Zeit gewinnen für die wichtig(er)en Dinge des Lebens, zum Beispiel fürs Zusammensein oder für unsere Hobbys. Ihre Bequemlichkeit lassen sich die Konsumenten etwas kosten, denn Convenience Food ist teurer als herkömmliche Lebensmittel. Dessen sind sich die Verbraucherinnen und Verbraucher bewusst. Oft realisieren sie jedoch nicht, wie hoch diese Preisaufschläge ausfallen können. Zwei Beispiele: Ein Kilo Rüebli kostet 2.20 Franken; ein Kilo geraffelte Rüebli kommt im gleichen Laden auf 6.90 Franken zu stehen. Ein Kilo Ananas kostet 3.30 Franken, ein Kilo gerüstete Ananas in Scheiben 20.40 Franken.
Schlechtes Image
Nicht nur der hohe Preis schreckt manche Konsumenten ab, Convenience Food steht ausserdem im Verdacht, ungesund zu sein. Gezuckerte Cornflakes zum Frühstück, einen Schokoriegel für die Znüni-Pause, ein Sandwich vom Imbissstand zum Zmittag, ein Berliner zum Zvieri und zum Znacht noch eine Fertigpizza. Wer sich so ernährt, braucht sich natürlich nicht zu wundern, wenn er zunimmt und sich schlapp und lustlos fühlt. Caroline Bernet, diplomierte Ernährungsberaterin HK und Mitarbeiterin der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE, relativiert aber das Ganze: «Convenience Food kann nicht generell als gesund oder ungesund bezeichnet werden. Es gibt sowieso keine gesunden und ungesunden Nahrungsmittel, sondern nur eine gesunde oder ungesunde Ernährungsweise. Wichtig ist es, Convenience Food immer mit frischen Lebensmitteln zu ergänzen.»
Studien haben ergeben, dass gewisse Vorbehalte gegenüber vorbereiteten Nahrungsmitteln unbegründet sind. So sind Büchsen- und tiefgefrorenes Gemüse viel besser als ihr Ruf. Das verwendete Gemüse wird frisch geerntet und sofort verarbeitet, anstatt lange transportiert zu werden, um dann im Laden und anschliessend zu Hause im Kühlschrank herumzuliegen. Bis zum Verzehr sind in solchem sogenannt «frischen» Gemüse häufig nicht mehr viele Vitamine enthalten. Tatsache ist jedoch, dass je stärker die Convenience-Produkte verarbeitet sind, desto mehr sie auf Zusatzstoffe angewiesen sind. Obwohl, wie Caroline Bernet erklärt, keine Zusatzstoffe zugelassen sind, die beispielsweise für Kinder besonders bedenklich wären, kann es doch vorkommen, dass gewisse Menschen mit Unverträglichkeiten auf diese Stoffe reagieren.
Und schliesslich leiden manche Mütter unter Schuldgefühlen, wenn sie ihrer Familie Convenience Food vorsetzen. Da spuken in den Köpfen noch traditionelle Bilder von der perfekten Hausfrau herum, die jedes Gericht von A bis Z selber macht, obwohl die meisten von uns längst ein anderes Leben führen, das uns auf vielen Fronten – nicht nur in der Küche – fordert. Hier ist Entspannung gefragt: Nur weil man ab und zu ein Fertiggericht auf den Familientisch bringt, sollte man nicht allzu hart mit sich selber ins Gericht gehen.
Bewusster Genuss
Inzwischen ist eine Gegenbewegung zum Fast und Convenience Food auszumachen: Slow Food. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Nahrungsaufnahme und alle Aspekte, die mit ihr verbunden sind, angefangen bei der Herstellung, zu entschleunigen. Bewusster Genuss steht im Vordergrund anstatt Zeitersparnis und Einheitsgeschmack, der auf die Masse zielt. Slow Food will das Rad der Zeit nicht zurückdrehen und die Frauen nicht wieder an den Herd binden – dagegen spricht auch, dass unter den passionierten Slow Food-Anhängern sehr viele Männer zu finden sind, die selber kochen. Diese Bewegung mit Ursprung in Italien legt Wert auf die einfache, schmackhafte Alltagsküche, bei der saisonale Produkte aus der Region verarbeitet werden. Slow Food wird Convenience Food nicht verdrängen können, so wie Convenience Food nie die herkömmliche Art des Kochens ganz ersetzen wird. Aber im Wechsel genossen, können sie unser Leben vereinfachen und schmackhafter machen.
Zusatzstoffe – wozu?
Gemäss Lebensmittelrecht sind Zusatzstoffe «Stoffe mit oder ohne Nährwert, die Lebensmitteln aus technologischen oder sensorischen Gründen absichtlich direkt oder indirekt zugesetzt werden.» In der Schweiz werden sie vom Bundesamt für Gesundheit geprüft und zugelassen und tragen eine sogenannte E-Nummer. Die Sicherheit von Zusatzstoffen wird gemäss internationalen Richtlinien getestet und gewährleistet. So gilt beispielsweise für ihre erlaubte Höchstdosierung eine mindestens hundertfache Sicherheitsmarge.
Zusatzstoffe sind übrigens keine Erfindung der Neuzeit. So ist die Wirkung von Pökelsalzen oder Gelatine seit Jahrhunderten bekannt. Manche Zusatzstoffe sollen die Haltbarkeit der Lebensmittel verbessern. Andere werden eingesetzt, um das Aussehen dieser Lebensmittel, ihren Geschmack, ihre Konsistenz oder ihre Handhabung zu optimieren. Zusatzstoffe sind nicht immer industriellen Ursprungs, sondern stammen oft aus natürlichen Lebensmitteln, wie zum Beispiel Ascorbinsäure, die in Zitronensaft enthalten ist. Man unterscheidet zwischen natürlichen, naturidentischen und chemisch-synthetischen Zusatzstoffen. UnverträglichkeitenDie E-Nummern der Zusatzstoffe gelten weltweit und erleichtern es, diese auch bei Lebensmitteln, die im Ausland konsumiert werden, ausfindig zu machen, ohne dass man sich komplizierte Fachausdrücke merken oder übersetzen muss. So steht beispielsweise E300 für Ascorbinsäure, E440 für das Geliermittel Pektin, E951 für den Süssstoff Aspartam oder E635 für den Geschmacksverstärker Calziumglutamat. Unverträglichkeiten und Allergien auf Zusatzstoffe kommen sehr selten vor. Wenn, dann aber vor allem auf Farbstoffe (Gelb E102 und Rot E120). Konservierungsstoffe, die Sulfide heissen (E220 – 228), werden seit über 2000 Jahren verwendet, um das mikrobiologische Wachstum in fermentierten Getränken zu kontrollieren, können aber beispielsweise bei Asthmatikern Atembeschwerden auslösen. Natriumglutamat (E621) ist ein Geschmacksverstärker und kommt in Fertigerichten wie Saucen und chinesischen Lebensmitteln vor. Bei manchen Menschen treten nach dem Verzehr Kopfschmerzen auf. Auch der Süssstoff Aspartam (E951) stand im Kreuzfeuer der Kritik, es konnten jedoch auch hier keine wissenschaftlichen Beweise für eine konkrete Gefahr gefunden werden. Das bedeutet aber nicht, dass jeder und jede diese Zusatzstoffe verträgt. Wer auf bestimmte Convenience-Produkte reagiert, sollte die Deklaration genau lesen. Da die Zusatzstoffe deutlich zu erkennen sind, ist es einfach, solche zu vermeiden, die problematisch sein könnten.
Tipps – Beim Einkauf von Convenience Food sollten Sie die folgenden Punkte beacht:
- Lesen Sie die Deklarationen
- Vermeiden Sie Gerichte, bei denen an erster Stelle Zucker steht, solche mit gehärteten Fetten, mit minderwertigem Palmöl oder mit viel Salz
- Vermeiden Sie Nahrungsmittel mit ellenlangen Deklarationen. Chips sollten beispielsweise nur aus drei Zutaten bestehen: Kartoffeln, Pflanzenöl und Salz
- Um Unverträglichkeiten auszuschliessen, sollten Sie Produkte
mit wenigen E-Nummern wählen - Paaren Sie ein Convenience-Produkt nach Möglichkeit mit einem naturbelassenen, z.B. einen Riegel mit einem Apfel
- Ergänzen Sie Fertiggerichte mit saisonalem Gemüse und frischem Obst. Eine Fertigpizza kann beispielsweise vor dem Backen mit Gemüsestreifen und etwas Olivenöl aufgewertet werden
- Würzen Sie die Gerichte mit frischen Kräutern nach
- Achten Sie bei fertigen Salatsaucen darauf, dass sie auf der Basis
von Raps-, Sonnenblumen- oder Olivenöl sind - Servieren Sie Frischteigwaren oder Gnocchi an einer selbst gemachten Sauce
- Bleiben Sie locker: Bedenken Sie, dass ein vorgerüsteter Salat
viel besser ist als gar keiner
Mehr Infos:
sge-ssn.ch – die Website der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung enthält unter dem Suchbegriff «Convenience Food» viele interessante Informationen und deckt alle Aspekte der Ernährung umfassend ab.
foodnews.ch – unabhängiges Internet-Magazin zum Thema Lebensmittel. Unter «x-plainmefood» findet man auch eine Liste aller E-Nummern, alphabetisch oder nach Nummern geordnet.
slowfood.ch – Schweizer Website der weltweiten Bewegung.