Wer aus der Schule kommt, hat die Qual der Wahl. Berufslehre? Maturität mit anschliessendem Studium? Das KV ist zwar die beliebteste Berufswahl der jungen Menschen in der Schweiz, doch es gibt über 2000 andere Berufe, die mindestens ebenso interessant sein könnten. Wir stellen vier von ihnen vor.
Es muss nicht immer das KV Sein
2021 gab es laut Bundesamt für Statistik schweizweit 197 176 Lehrverträge. 116 194 junge Männer und 80 982 Frauen befanden sich in ihrem Beruf auf dem Weg zum eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ). Fast jeder fünfte Lehrvertrag (37 862) war im kaufmännischen Bereich gültig, wo es letztes Jahr ganze 12 289 Neueintritte gab. Somit ist das KV bei den Schulabgängern die populärste Berufswahl.
Doch die Palette der Berufe, die junge Menschen erlernen können, ist um einiges vielfältiger und bunter. Das offizielle schweizerische Informationsportal der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung betreibt die Webseite www.berufsberatung.ch. Das Portal ist zwar etwas in die Jahre gekommen, aber es erfüllt nach wie vor seinen Zweck: Schulabgänger, Gymnasiastinnen oder Weiterbildungswillige können hier entweder gezielt nach einem Berufsbild oder einer Lehrstelle suchen oder sich von den Beschreibungen von 2178 Berufen und Berufsfunktionen inspirieren lassen.
Arbeiten mit Wertstoffen
Die ganze Welt spricht von Ressourcenverschwendung und Recycling. Doch gerade mal 38 junge Leute haben letztes Jahr die Lehre zum Recyclist/in abgeschlossen (33 Männer, 5 Frauen). Recyclisten sammeln Wertstoffe und verwerten diese weiter. Bei der Annahme von Sperrgut, Elektronikschrott, Kabel, Papier, Karton, Batterien, Altöl, Kunststoffe, Bauschutt, Altmetall oder Alteisen entscheiden Recyclisten, wo diese gelagert werden, sortieren diese nach verschiedenen Kriterien und bereiten das Material auf, damit es möglichst oft wiederverwendet werden kann. Sie wissen, welche Schadstoffe die Umwelt gefährden und wie sie damit umgehen müssen. Damit die Wertstoffe später in spezialisierten Betrieben zu neuen Produkten verarbeitet werden können, zerkleinern Recyclisten zu grosse oder zu schwere Teile. Dazu setzen sie verschiedene Werkzeuge und Maschinen ein.
Die Lehre dauert drei Jahre und eignet sich für sorgfältig arbeitende Schulabgänger mit Interesse für Umwelt, Freude am Umgang mit Maschinen und mit technischem Verständnis.
Maschinen in der Textilbranche
Einem vielfältigen und je nach gewählter Fachrichtung mehr oder weniger technischen Beruf gehen Textiltechnologen nach. Schon zu Beginn der dreijährigen Lehre müssen sich die Lehrlinge für eine von folgenden fünf Fachrichtungen entscheiden: Design, Herstellung, Veredelung, Seil- und Hebetechnik sowie Mechatronik.
Designer arbeiten in der Kreativabteilung von Webereien, Stickereien oder Textildruckereien und skizzieren Designs, die sie am Computer ausarbeiten, technisch aufarbeiten und übertragen die digitalen Formate anschliessend an die Maschinen.
Wer die Fachrichtung Herstellung wählt, arbeitet in der Verarbeitung von Fasern mit, prüft Materialien, richtet die Produktionsanlage ein, überwacht die Produktion und behebt Störungen. Veredler bleichen, färben, bedrucken, veredeln und beschichten Fasern, Garne und Gewebe mit Chemikalien und prüfen Eigenschaften von Textilien, Farbstoffen und Chemikalien im Labor. Seiler stellen Natur-, Chemiefaser und Drahtseile her, während Mechatroniker die Verantwortung für den Maschinenpark in Textilbetrieben tragen. Derzeit befinden sich schweizweit 71 Lehrlinge (36 Frauen und 35 Männer) in der Ausbildung zum Textiltechnologen.
Bretter, die die Welt bedeuten
Wer gerne tanzt und nicht nur körperliche Eignung, sondern auch eine gewisse Vorbildung mit sich bringt, kann sich vielleicht für den Beruf des Bühnentänzers oder -tänzerin begeistern. Diese arbeiten eng mit Fachkräften aus den Bereichen Tanz, Musik und Kunstproduktion zusammen. Das internationale Umfeld erfordert Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein und die Fähigkeit, sich in multikulturelle Teams einzufügen, wobei der Austausch oft auf Englisch stattfindet. Je nach Vertrag beinhalten Anstellungen Auftritte im In- und Ausland, abends und an Wochenenden, was eine hohe Belastbarkeit und Ausdauer fordert.
Der Beruf hat auch Nachteile: Feste Anstellungen an Schauspielhäusern oder langfristige Engagements in Tanzkompanien sind eher die Ausnahme, ausserdem ist dieKonkurrenz für solche Stellen gross. Anstellungsmöglichkeiten gibt es für die Berufsleute auch im Bildungswesen, der Verwaltung und im Kulturmanagement.
Die Ausbildung dauert vier Jahre und kann in den Fachrichtungen klassischer oder zeitgenössischer Tanz oder Musical absolviert werden. Im Jahr 2021 erhielten 24 Frauen und 11 Männer ihr eidgenössisches Fähigkeitszeugnis als Bühnentänzer/in.
Der Gast ist König
Wer gerne in einem Hotelleriebetrieb arbeiten würde, sich aber für keine Fachrichtung entscheiden kann, für den könnte die Lehre als Hotel-Kommunikationsfachmann/-frau etwas sein. Während der dreijährigen Lehre lernt man alle Abteilungen eines Hotels kennen: Man arbeitet an der Rezeption, im Service, in der Küche und in der Hauswirtschaft. HoKo – wie die Berufsbezeichnung abgekürzt heisst – behalten dank des Grundlagenwissens, das sie sich in allen Hotelbereichen angeeignet haben, stets einen guten Durchblick über den ganzen Hotelbetrieb. Sie werden darum gerne in der Marketingabteilung oder als Direktionsassistenz eingesetzt. Die Lehre eignet sich für junge Menschen mit Sprachgewandtheit, Organisationsfähigkeit, Ordnungssinn und guten Umgangsformen. Wegen der unregelmässigen Arbeitszeiten im Gastgewerbe erfordert der Beruf eine gewisse Flexibilität, besonders am Wochenende oder zu saisonalen Spitzenzeiten. 157 Schulabgänger (112 Frauen und 45 Männer) haben sich 2021 für eine HoKo-Lehre entschieden.
Quellen: Bundesamt für Statistik, berufsberatung.ch