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Neue Medien – neue Herausforderungen

Sie sind Segen und Fluch zugleich. Neue Medien eröffnen Kindern und Jugendlichen den Zugang zu neuen Welten. Kinder und Eltern sind gefordert, damit die Medien über einen bewussten Umgang zur Bereicherung werden.

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Der elfjährige Bojan und die neunjährige Lina sind unter der Woche stark beschäftigt. Neben der Schule trainiert Bojan Taekwondo und spielt Gitarre. Lina geht zum Eiskunstlauf und nimmt Klavierunterricht. So bleibt von Montag bis Freitag kaum Zeit für Medienkonsum, wie ihre Mutter Gordana Reuffurth schildert. „Über die Werktage ist bei uns der Medienkonsum sehr eingeschränkt. Am Wochenende und in den Ferien hingegen dürfen die Kinder auch mal länger mit dem iPad spielen oder abends einen Film schauen. Wir reden viel über Medienkonsum. Verbote gibt es bei uns keine – dafür Vereinbarungen, die immer neu angepasst werden, um mit der Zeit zu gehen.“ Das Vorstandsmitglied bei Schule und Elternhaus Schweiz (S&E) ist überzeugt, ihren Kindern auf diesem Weg einen bewussten, verantwortungsvollen Medienkonsum mitzugeben.

Am liebsten mit Handy und Computer

Die Nutzung von digitalen Medien gehört zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten von Schweizer Jugendlichen. Handy, Internet und Musikhören ran-gieren noch vor dem Treffen von Freunden. Alleine verbringen die Jugendlichen ihre Zeit vorzugsweise am Computer, mit Fernsehen, Lesen und „Gamen“. Dies ergab die aktuelle JAMES-Studie 2012 zur Mediennutzung von Jugendlichen in der Schweiz von der Zürcher Hoch-schule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Doch schon im Vorschulalter kommen Kinder in Kontakt mit verschiedensten Medien – meistens in Begleitung von Eltern, älteren Geschwistern oder anderen Betreuungspersonen. Besonders das Internet ist aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken.

Wie werden die Medien von den Kindern und Jugendlichen genutzt?

„Nicht alle setzen die Medien gleich ein. Oft verwenden sie die Online-Medien zum Lernen, Hausaufgabenmachen, aber auch für die Kommunikation mit Freunden“, berichtet Thomas Vollmer, Leiter des nationalen Programms Jugend und Medien beim Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV). Neben der Unterhaltung biete das Internet wertvolle lern- und informationsorientierte Plattformen. „Für die Jugendlichen ist das Internet ein wichtiges Kommunikations- und Ausdrucksmittel. Es trägt wesentlich zur Identitätsbildung bei“, sagt Thomas Vollmer. Doch gleichzeitig bergen die neuen Medien auch Gefahren: Inhalte über Gewalt, Pornografie usw. können bei Kindern und Jugendlichen laut Thomas Vollmer emotionale Reaktionen auslösen, die sie nicht alleine verarbeiten können. Deshalb sind die Alterslimiten bei Online-Spielen oder Filmen wichtig, da sie anzeigen, ab welchem Alter sie für Kinder und Jugendliche freigegeben sind. Hinzu kommt gemäss Thomas Vollmer, dass Kinder und Jugendliche über Internetforen auch mit fremden Personen in Kontakt kommen – auch dies bringe ein gewisses Gefahrenpotenzial mit sich. Weiter sei der Missbrauch von persönlichen und intimen Daten sowie Mobbing im Internet – beispielsweise auf Facebook – zu einem Problem mit weitreichenden Folgen geworden. Weniger dramatisch als angenommen sei dagegen die exzessive Mediennutzung.

Neue Herausforderungen für Eltern

Die zunehmende Bedeutung von Medien im Leben von Kindern und Jugendlichen stellt die Eltern vor neue Herausforderungen. „Kinder und Jugendliche sollten im Umgang mit Medien von den Eltern aktiv begleitet werden. Gleichzeitig müssen die Eltern auch Grenzen setzen“, gibt Thomas Vollmer zu bedenken. Es gelte, den Reiz der Medien so einzusetzen, dass sie zur Entwicklung der Kinder und Jugendlichen beitragen. Gewöhnen sich Kinder schon früh an die regelmässige Nutzung von Medien, besteht eine grössere Gefahr der exzessiven Nutzung. Das nationale Programm Jugend und Medien hat für Eltern mit der Broschüre „Medienkompetenz“ und dem Flyer „Die wichtigsten Tipps für den sicheren Umgang mit digitalen Medien“ Orientierungshilfen für Eltern und alle, die mit Kindern zu tun haben, veröffentlicht. Darin wird empfohlen, dass Kinder vor drei Jahren keine Bildschirme alleine und regelmässig nutzen, keine eigene Spielkonsole vor sechs besitzen, das Internet nicht vor neun und kein Internet unbeaufsichtigt vor zwölf besuchen. „Es ist grundsätzlich schwer, feste Zeitangaben für die tägliche Nutzung zu machen, da jedes Kind individuell mit Medien umgeht. Unserer Meinung nach darf der Medienkonsum bei Kindern und Jugendlichen nicht andere Aktivitäten wie Schule, Sport, Hobbys und soziale Kontakte verdrängen“, betont Thomas Vollmer. Wie denkt Gordana Reuffurth über den Medienkonsum ihrer beiden Kinder? „Mir ist es wichtig, zu wissen, was die Kinder spielen und sich anschauen. Zudem möchte ich mit ihnen darüber reden. Dies erlaubt es ihnen, die Filme und virtuellen Spiele reflektieren zu können. Auf diese Weise leben sie nicht in einer Fantasiewelt. Die Kinder sollen sich in der Medienwelt bewegen können, aber auch über die Gefahren im Netz informiert sein.“

Welche Medienkompetenzen brauchen Kinder und deren Eltern?

Für Thomas Vollmer stehen folgende Kompetenzaspekte im Vordergrund:

1)  Technische Kompetenzen und Nutzungskompetenzen, um die Geräte bedienen zu können, Gefahren zu vermeiden und die nötigen Sicherheitseinstellungen zu setzen.

2)  Reflektionskompetenzen und soziale Kompetenzen, damit Kinder und Eltern die Inhalte und Gefahren im Netz richtig einschätzen und Medien verantwortungsbewusst, aber auch kreativ nutzen können.

3)  Erziehungskompetenzen, damit die Eltern ihre Kinder bei der Mediennutzung aktiv begleiten und fördern können.

„Für mich als Mutter gehört es zu den grössten Herausforderungen, ein gesundes Mittelmass im Umgang mit Medien zu finden“, erzählt Gordana Reuffurth. Die Frage nach dem Mittelmass stelle sich zum Beispiel, wenn die Kinder ein neues Computerspiel bekommen haben und etwas länger damit spielen wollen. „Gewähren wir ihnen in so einem Fall zehn Minuten mehr Spielzeit, erwarten wir von ihnen, dass sie beim nächsten Mal auch mal weniger lang spielen oder gar auf ein Spiel verzichten“, ergänzt Gordana Reuffurth.

Einfluss auf die Schulleistungen

Medien haben einen Einfluss auf die Schulleistungen von Kindern und Jugendlichen. Sie können laut Thomas Vollmer das Lernen unterstützen, fördern, zur Kreativität anregen und den Wortschatz aktiv erweitern – sofern die Medienprodukte richtig eingesetzt werden; andernfalls könne auch das Gegenteil bewirkt werden. „Aus meiner Sicht haben die Medien eher einen positiven Einfluss auf unsere Kinder. Sie nutzen die Medien zum Beispiel für manche Schulprojekte als Recherchewerkzeug“, erzählt Gordana Reuffurth. Das soziale Verhalten ihrer Kinder werde durch die Medien nicht beeinträchtigt. „Sie spielen mit Freunden, knüpfen Kontakte und unterhalten sich über Medien.“

Vertrauensverhältnis ist der beste Schutz

„Kindern und Jugendlichen soll der spielerische Zugang zu den Medien ermöglicht werden“, betont René Weber, Präsident von Schule und Elternhaus Schweiz (S&E). Diese Erfahrung sei wichtig, um auch in Zukunft bewusst mit den Medien umgehen zu können. Neben der Installation von Schutzprogrammen im Computer sollten sich die Erziehungsberechtigten selber mit Medien auskennen und sich auch permanent weiterbilden, fordert René Weber. „Nur dann können sie ihre Kinder begleiten.“ Ein Computerarbeitsplatz sollte deshalb vor allem bei jüngeren Kindern immer an einem Ort stehen, wo die Eltern freie Sicht auf den Bildschirm haben – also keinesfalls im geschlossenen Kinderzimmer. „Der beste Schutz vor den Gefahren im Internet ist ein Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und ihren Kindern“, ist René Weber überzeugt. Immer häufiger kommen die Medien auch an Schulen oder für Haus- und Projektarbeiten zum Einsatz. Hier fordert René Weber die Schulen auf, die Eltern darüber zu informieren, was den Kindern in der Schule über die Medien beigebracht wird.

Linktipps

www.jugendundmedien.ch

www.elternet.ch

www.swisscom.ch/medienstark

www.cybersmart.ch