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Schulstart: Gute Kommunikation zwischen Schule und Eltern

Gute Kommunikation zwischen Schule und Eltern schafft Vertrauen. Und: Es ist Präventionsarbeit. Werden Eltern als Community gepflegt und einbezogen, gelingt das «Projekt Schule». Thomas Eberhard, Kommunikationsexperte und selbst ehemaliger Klassenlehrer, über Leidenschaft, Planung und gute Ideen in der Kommunikation.

Bild: © Drazen Zigic/shutterstock.com

Der Elternabend letzte Woche war anders. Ich verliess ihn mit einem richtig guten Gefühl. Ja, ich empfand ihn eigentlich sogar als inspirierend. Der Einstieg war unkonventionell: Unmittelbar nach der Begrüssung beim Eingang, erhielt jede/jeder von uns ein Tablet mit dem augenzwinkernden Auftrag, QR-Codes im Schulhaus zu finden. Jeder QR-Code führte zu einer Aufgabe aus dem Unterricht der Kinder. Punkt vor Strich? Passé composé? Wie schwer ist ein Straussenei? Welche Farbe entsteht aus Blau, Grün und Rot? Was ist ein Halbleiter? Bald bildeten sich überall im Schulhaus kleine Elterngruppen, die eifrig rätselten. Die Stimmung war heiter.

Eltern fühlen sich von Lehrperson abgeholt

Nach 25 Minuten trafen wir uns alle im Klassenzimmer. Ein Vater teilte seine Bewunderung, was Kinder in diesem Alter schon alles wissen und können (müssen) und die Klassenlehrperson nutzte den Ausspruch, um uns zu zeigen, wie sie die neuen Medien im Unterricht einbindet. Während des Abends ging sie auf unsere Sorgen und Ängste im Zusammenhang mit Handys ein, stellte mit geschickten Rückfragen unser eigenes Verhalten bezüglich elektronischer Medien infrage und am Schluss hatten wir sieben konkrete Regeln, für einen guten Umgang mit Handys in der Schule und daheim. Wow!

Elternabend ist Community-Building

Das oben stehende Beispiel zeigt, was Elternabende können: Spass machen, Eltern abholen und zu einer konstruktiven Community zusammenschweissen. Dafür müssen Lehrpersonen Eltern verstehen wollen und sie mitnehmen auf den Bildungsweg der Kinder. Die unantastbare Autoritätsperson in der Schule gibt es nicht mehr, Lehrpersonen sind Fachberaterinnen und -berater. Eltern wollen einbezogen werden und mitentscheiden können. Elternabende sind also aktives Community-Building. In sie zu investieren, lohnt sich für alle Seiten.

Raum für Rückfragen und Austausch

Ein Elternabend braucht viel Raum zur Diskussion von aktuellen Themen, Raum für persönlichen Austausch und individuelle Rückfragen.  So entwickelt sich Schulkultur, in der das Wohlbefinden der Kinder im Zen-trum steht. Und es entwickelt sich ein Grundvertrauen, das für das gute Gelingen und den schulischen Erfolg der Kinder unabdingbar ist. Elternabende sind also, trotz Digitalisierung, unverzichtbar.

Kommunikation ist Prävention

Elternabende legen den Grundstein zu einem vertrauensvollen Miteinander. Da gehört es auch dazu, gegenseitige Erwartungen abzugleichen und die Kommunikation für das kommende Schuljahr zu konkretisieren: Welche Kommunikationskanäle sollen genutzt werden? Gibt es Telefonzeiten? Besuchstage? Quartalsbriefe? Was tun, wenn ich mich als Elternteil von der Lehrperson nicht gehört fühle? Darf ich als Vater die Lehrperson aufs Handy anrufen, wenn ich etwas Schwieriges ansprechen möchte? Oder bitte ich lieber mit einer Textnachricht um einen Rückruf? Das Klären von solch einfachen Fragen trägt viel dazu bei, dass Kommunikation niederschwellig ist und im Bedarfsfall stattfindet. Nur wenn auch schwierige Themen angesprochen werden (dürfen), können gemeinsame Lösungen gefunden werden. Stehen Eltern und Lehrpersonen im regelmäs-sigen Austausch, betreiben sie aktive Präventionsarbeit. Weil sie schon in Kontakt sind, bevor eine Situation zum Konflikt wird und eskaliert.

3 Plus, 1 Minus

Zu einem Vertrauensverhältnis gehört auch ein gutes Grundgefühl. Spannend ist, dass es unzählige Ratgeber für das Meistern von schwierigen Situationen im Bereich Schule gibt. Aber kaum einen, der aufzeigt, wie wichtig das Kommunizieren von guten Neuigkeiten für Eltern und Lehrpersonen ist. Lehrpersonen freuen sich riesig, wenn sie positive Rückmeldungen von Eltern erhalten (und umgekehrt!). Im Logbuch, als Textnachricht, mündlich oder als Randnotiz auf der Anmeldung zum Theaterbesuch der Klasse. Wenn es dann mal auch etwas Negatives zu besprechen gibt, ist dies auch durch gute Neuigkeiten und gutes Bauchgefühl etwas «gepolstert». Als Daumenregel gilt deshalb: höchstens eine negative Nachricht auf drei gute Nachrichten.

Ansprechen statt Aufsparen

Alle Eltern wollen für ihre Kinder nur das Beste. Sie überlegen es sich in der Regel sehr gründlich, ob sie Schwierigkeiten gegenüber Lehrpersonen ansprechen wollen. Ein Kind, das zur Lehrperson keine Beziehung aufbauen kann oder sich in der Klasse nicht wohlfühlt? Ein schlechtes Gefühl nach einem Elternabend? Unklarheiten bei der Notengebung? Lückenhafte Infos zum Klassenlager? Wenn Eltern abwarten und solche Themen nicht sofort ansprechen, tragen sie mit der Zeit immer mehr Gewicht im Rucksack mit sich herum. Das braucht unnötig Energie, die anderswo fehlt.

Kommunikation pflegen

Mit der Schule und den Lehrpersonen in Kontakt bleiben ist für das Wohlergehen Ihrer Kinder wichtig. Nehmen Sie selber an jedem Elternabend teil, gehen Sie aktiv auf Lehrpersonen zu und signalisieren Sie von sich aus Gesprächsbereitschaft. Melden Sie auch Sachen, die Sie gefreut haben, an die Lehrpersonen weiter. Fremdsprachige Eltern sind oft froh um Übersetzung und Unterstützung – bieten Sie Ihre Hilfe an.

Über den Autor

Thomas Eberhard (56) war zunächst Klassenlehrer und unterrichtete an verschiedenen Schulen, bevor er an der Uni Bern Erziehungswissenschaften und Kinder- und Jugendpsychologie studierte. Seit 2001 berät er unter anderem Schulbehörden und Eltern in den Bereichen Kommunikation, Führung und Konfliktmanagement. Er leitet ausserdem die offene Arbeit mit Kindern in der Stadt Bern. Thomas Eberhard ist Autor des Ratgebers «Aller Eltern Abend», Gute Kommunikation zwischen Schule und Eltern, erschienen im hep Verlag, ISBN 978-3-0355-2335-5.