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Sehschwäche bei Kindern

Sehschwächen bei Kindern sollten möglichst früh erkannt, abgeklärt und wenn nötig therapiert werden. Mit der richtigen Brille lassen sich gewisse Sehfehler so kompensieren, dass auch kleine Menschen im Leben den Durchblick haben.

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Wie alle Sinnesorgane ist auch das Auge bei der Geburt nicht voll entwickelt. Sehen wird Schritt für Schritt gelernt. Wenn das Neugeborene das erste Mal -seine Augen öffnet, nimmt es noch keine Bilder wahr. Die Netzhaut, der Sehnerv und die Hirnstrukturen müssen zuerst ausreifen. Das visuelle System entwickelt sich erst durch den Gebrauch zum leistungsfähigsten menschlichen Sinnesorgan. Zuerst werden Hell/Dunkel-Kontraste wahrgenommen, dann Umrisse und nach einiger Zeit die Farben. Die Entwicklung des Kindes in seinen ersten Lebensmonaten lässt Rückschlüsse auf sein Sehvermögen zu. Bei normaler Sehfähigkeit und durchschnittlicher Intelligenz hebt das Baby ab dem zweiten Monat in der Bauchlage den Kopf, sein Blick wird stabiler. Ab dem dritten Monat werden Gegenstände fixiert und mit den Augen verfolgt. Das Kind beginnt, häufig auftretende Bilder zu erkennen. Im vierten und fünften Monat fängt es an, nach Objekten zu greifen und ab dem sechsten Monat damit zu spielen.

Sehprobleme: Augen offen halten!

«Die Sehentwicklung im Hirn findet bis zum 6. Lebensjahr statt», sagt Dominic Ramspeck von der Infostelle des Schweizer Optikverbandes SOV. «Bis das Kind ungefähr zehn Jahre alt ist, kann man diese noch beeinflussen, danach ist es oft zu spät.» Aus diesem Grund ist es entscheidend, dass man eine Sehschwäche möglichst früh entdeckt und entsprechend therapiert. Bereits einjährige Babys können eine Brille tragen. «Wichtig ist, dass Eltern ihr Kind immer im Auge behalten, und wenn sie etwas Ungewöhnliches feststellen, unbedingt eine Kinderärztin oder einen Kinderarzt beiziehen,» erklärt der Fachmann. «Anzeichen für Sehprobleme können zum Beispiel sein, wenn ein Kind länger als zwei Wochen nach der Geburt verschmierte Augen hat, die Augen aussergewöhnlich gross oder die Lidspalten verschieden gross sind, die Lider geschwollen oder die Augen gerötet sind, das Kind sich häufig die Augen reibt, die Augen tränen oder das Kind lichtscheu ist, ein grauer Schimmer auf den Pupillen ist, sich die Augen unruhig bewegen oder das Kind übermässig blinzelt oder die Augen zusammenkneift.» Aber auch andere Verhaltensweisen im Alltag (siehe obige Checkliste) lassen darauf schliessen, dass mit den Kinderaugen etwas nicht stimmt. «Je kleiner ein Kind ist, desto schwieriger lässt sich sein Sehvermögen testen. Nicht nur Tests zu Hause, beim Augenoptiker, Arzt oder bei Reihenuntersuchungen in der Schule führen zur Entdeckung von Sehfehlern», weiss der Experte. «Entscheidend sind vor allem auch die Beobachtungen von Eltern, Grosseltern, Lehrpersonen oder Betreuern.»

Die erste Brille

Eltern sind gefordert, den Eintritt ins «Brillenalter» positiv zu gestalten. «Das klappt bei den meisten Kindern hervorragend, wenn der Besuch beim Optiker zu einem aufregenden und positiven Ereignis gemacht wird», ist Jörg Looser, Inhaber des auf Kinder und Jugendliche spezialisierten Brillengeschäfts Looser Optik Junior in Luzern überzeugt. «Die meisten älteren Kinder finden das Brillentragen heute cool oder schätzen die neu gewonnene visuelle Wahrnehmung so sehr, dass sie sich mit ihrer Sehhilfe schnell anfreunden. Deshalb ist es ganz wichtig, dass sich ein Kind die Fassung selbst auswählen kann.» Oft fällt es Kindern weit weniger schwer, die Welt künftig durch eine Brille zu sehen, als Erwachsene annehmen. Dies ist ja auch kein Wunder, denn das Angebot an modernen, bunten Modellen ist riesig. Kinderbrillen gibt es an vielen Orten zu kaufen. Es gibt auch Geschäfte, die sich ausschliesslich auf die Augen der Kleinsten spezialisiert haben. «Was bei Erwachsenen wichtig ist, gilt auch für kleine Brillenträgerinnen und träger: Nur eine fachgerecht an die individuelle Physiognomie angepasste, perfekt zentrierte Brille garantiert optimale Sehqualität», betont Augenoptikerin Petra Bieri, die Looser Optik Junior in Luzern nur für «kids und ‘ teens» führt. «Allerdings stellen Kinder je nach Altersklasse für die Augenoptiker eine besonders anspruchsvolle Kundschaft dar: Sie reicht vom Baby, das eine Brille aus therapeutischen Zwecken tragen muss, über fussballbegeisterte Neunjährige bis hin zum modebewussten Teenager.»

Kinderbrillen – wichtige Punkte

Selbstverständlich ist das Aussehen für die jungen Brillenträger der augenfälligste Punkt bei der Wahl der Brillenfassung. Petra Bieri rät jedoch, auch folgende Punkte zu beachten: Eine Kinderbrille soll klein, stabil, leicht und nicht breiter als das Gesicht sein. Sie darf nicht verrutschen, damit ihre optischen Zentren vor den Pupillen liegen. Auch die perfekt angepasste Brille kommt im «rauen Alltag» mit der Zeit etwas aus der Form. Deshalb sollte der Sitz periodisch vom Augenoptiker kontrolliert und korrigiert werden. Die Grösse der Brillengläser ist durch die gewählte Fassung vorgegeben und kann aber je nach Korrektur auch massgebend sein. Kunststoffgläser haben den wesentlichen Vorteil, dass sie eine grössere Bruchfestigkeit aufweisen als mineralische Gläser, deshalb werden Kinderbrillen aus Sicherheitsgründen mit Kunststoffgläsern ausgestattet. Kinder sollten immer ungetönte Gläser tragen, Ausnahmen bilden seltene Augenkrankheiten. Wichtig ist auch eine Entspiegelung der Gläser. Dies vermindert störende Reflexe, erhöht die Lichtdurchlässigkeit und macht das Sehen angenehmer. Für sportlich aktive Kinder und Jugendliche gibt es heutzutage auch eine grosse Auswahl an modischen, korrigierten Sport- und Sonnenbrillen. Selbst korrigierte Schwimmbrillen sind im spezialisierten Kinderbrillengeschäft erhältlich. In Ausnahmefällen können korrigierte Kontaktlinsen eine ideale Sehhilfe darstellen. Voraussetzung ist jedoch, dass ihre Träger das nötige hygienische Bewusstsein und die entsprechende Disziplin im Umgang mit Kontaktlinsen aufbringen. Das heisst, dass auch die Eltern immer ein Auge darauf halten müssen, wie ihre Sprösslinge mit den Kontaktlinsen umgehen.

Sonnenschutz – ein Muss!

Für alle, die viel draussen sind, wird guter Sonnenschutz immer wichtiger: Neben der Haut reagieren gerade die Augen empfindlich. Kindersonnenbrillen sollten deshalb über grosse, qualitativ hochwertige Filtergläser und einen kindergerechten Nasensteg verfügen. Sie sollten aus geeigneten Materialien bestehen und – ohne Druck zu verursachen – sicher auf dem Kopf halten.

Checkliste

Schulkinder sollten zu einer augenärztlich-orthoptischen Untersuchung, wenn diese Zeichen beobachtet werden:

  • wenn das Kind beim Lesen oft den Faden verliert oder Worte überspringt
  • über oder unter den Linien schreibt
  • beim Lesen oder Schreiben öfters die Augen schliesst
  • Bücher oder Gegenstände sehr nahe vor die Augen nimmt
  • über Kopfschmerzen klagt
  • beim Lesen oder Schreiben schnell ermüdet

Und falls Sie sich einer Sache nicht sicher sind: Kein Kind ist zu klein, um untersucht zu werden!

www.ivbv.org/