Immer mehr Menschen erkranken an Burnout. Dabei leiden oft auch die Familienmitglieder. Aus Zeit- und Kostengründen werden die familiären Aspekte in der Behandlung von Burnout aber oftmals ausgeklammert oder die Eltern sind aus Schuld- und Schamgefühlen nicht bereit, familiäre Aspekte miteinzubeziehen. Für betroffene Kinder ist dies von besonderer Tragweite, da sie starken emotionalen Belastungen und Schuldgefühlen ausgesetzt sind. Dies erhöht ihr Risiko, selbst zu erkranken.
Tabuthema Burnout in der Familie
Alles begann damit, dass die Mutter der 9-jährigen Lena am Morgen nicht mehr aufstand, sondern den ganzen Tag im Bett blieb und weinte. An diesem Tag merkte Lena, dass sich ihre Mutter verändert hatte. Alles Betteln und Zureden brachte nichts. Die Mutter blieb im Bett und weinte. Lena verstand die Welt nicht mehr und begann sich zu fragen, ob sie etwas falsch gemacht hatte. Vielleicht war es, weil sie ihr Zimmer nicht aufgeräumt hatte oder weil sie letzte Woche eine schlechte Note nach Hause gebracht hatte. Voller Schuldgefühle zog sich Lena in ihr Zimmer zurück.
So oder ähnlich könnte sich die Situation zutragen, wenn eine Mutter oder ein Vater an einem Burnout oder an einer Depression erkrankt ist. Für die Kinder kommt der Stimmungswechsel der Eltern oftmals sehr überraschend und für sie unerklärlich. Häufig suchen Kinder den Grund für die Veränderung bei sich selbst und machen sich für die Probleme der Eltern verantwortlich. Dies führt dazu, dass sie an massiven Schuldgefühlen leiden. Dieser Zustand wird dadurch noch verstärkt, dass sich der Elternteil aufgrund des psychischen Leidens zurückzieht und sich von den Kindern distanziert.
Durch die psychische Erkrankung brechen zudem vertraute familiäre Alltagsstrukturen und gewohnte Rituale zusammen, die Kindern Halt geben. Aus dieser Desorientierung heraus, wenden sich Kinder vom erkrankten Elternteil ab und verbergen zunehmend ihre eigenen Bedürfnisse. Es kann jedoch auch zu einer Rollenumkehr kommen, in der die Kinder die Eltern- oder Partnerfunktionen übernehmen. Dadurch werden die Grenze zwischen Kindern und Eltern immer mehr verwischt. Kinder verlieren dadurch an Sorglosigkeit, Spontanität und Lebhaftigkeit.
Da in solchen Situationen beide Elternteile stark belastet und oft überfordert sind, gehen die Kinder mit ihren Bedürfnissen, Problemen und Sorgen häufig vergessen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder selber psychisch erkranken. In den Fokus gelangen sie erst dann wieder, wenn sie selber Verhaltens- und Schulschwierigkeiten entwickelt haben.
Diese negativen Folgen müssen aber nicht unbedingt sein. Forschungsergebnisse zeigen, dass solche Konsequenzen verhindert werden können, wenn die Eltern bewusst und achtsam mit der schwierigen Situation umgehen. Wichtig ist, dass die Eltern Unterstützung von aussen annehmen und die Kinder auf eine adäquate Weise aufklären und informieren. Wenn es möglich ist, ihnen trotz der schwierigen Situationen zu Hause auch glückliche Momente zu ermöglichen, kann eine Familie auch gestärkt aus einer Krise herausfinden.
Präventionstraining der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Zur Unterstützung betroffener Familien entwickelte das IAP Institut für Angewandte Psychologie der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ein Präventionstraining. Das Training dient dazu, die Auswirkungen von Burnout und Depression auf die Familie zu reduzieren und die Familie in ihren Ressourcen und Fähigkeiten zu stärken. Für eine Pilotstudie, bei der die Wirksamkeit dieser Intervention überprüft wird, werden Elternpaare gesucht, die an zwei halbtägigen Kursen dazu teilnehmen möchten.